BGH: Photovoltaikanlage auf dem Dach = fünfjährige Verjährungsfrist!

Der BGH hat mit Urteil vom 02.06.2016 (Az. VII ZR 348/13) entschieden, dass eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, der Funktion der Halle dient und deshalb die für Arbeiten „bei Bauwerken“ geltende lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren Anwendung findet, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. Im Jahre 2004 beauftragte sie die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Anlage bestand unter anderem aus 335 Modulen, die durch eine Unterkonstruktion fest mit dem Dach verbunden wurden. Die Module wurden so verkabelt, dass die Kabelkanäle in das Innere der Halle führten. Die dafür notwendige Durchdringung des Daches bzw. der Gebäudeaußenhaut war auf Dauer angelegt. Ebenfalls im Inneren der Halle wurde eine Kontroll- und Steuerungsanlage errichtet, die unter anderem mit den Modulen verkabelt wurde.

Aufgrund einer zu geringen Leistung der Anlage verlangte die Klägerin eine Minderung um 25 % der Nettovergütung. Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, hatte das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Insbesondere mit dem Einwand, der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung sei verjährt, verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag in der Revisionsinstanz nunmehr weiter.

Die Entscheidung

Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, weil für den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin die lange Verjährungsfrist von fünf Jahren Anwendung findet.
Die Entscheidung des BGH ist gleich aus mehreren Gründen beachtlich:

Verträge über die Errichtung von Photovoltaikanlagen bieten bereits deswegen Anlass zu Diskussionen, weil ihre Einordnung umstritten ist. In der obergerichtlichen Rechtsprechung findet man häufig die Einordnung als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung, aber auch die Einordnung als Werkvertrag. In einem Urteil vom 09.10.2013 (Az. VIII ZR 318/12) hatte der 8. Zivilsenat des BGH die Vorschriften über den Kaufvertrag angewendet. In der nun vorliegenden Entscheidung des 7. Zivilsenats, zu der es bislang lediglich eine Pressemitteilung gibt, war wohl entscheidend, dass die Beklagte nicht nur einzelne Teile liefern, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage zusammenfügen und funktionsfähig auf und in der Tennishalle der Klägerin einbauen sollte. Jedenfalls bei dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt stand also offenbar nicht die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund, sondern die Fachkunde erfordernde Beratung und die Montage. Auch in Zukunft wird es für die Einordnung eines Vertrags über die Errichtung einer Photovoltaikanlage wohl weiterhin auf eine Einzelfallbetrachtung ankommen.

Doch der 7. Zivilsenat hat nicht nur eine abweichende Einordnung des Vertrags vorgenommen, er erklärt auch eine andere Verjährungsfrist für anwendbar.

Während der 8. Zivilsenat von der zweijährigen Verjährung des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB ausgegangen war, nimmt der 7. Zivilsenat in seiner aktuellen Entscheidung an, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB Anwendung findet. Diese gilt bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht. Um ein Bauwerk handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH regelmäßig dann, wenn das Werk in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht, das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und dem Zweck des Gebäudes dient. Diese Voraussetzungen sah der Senat hier als gegeben an. Die Photovoltaikanlage sei durch eine Vielzahl der verbauten Komponenten so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich sei. Darin liege zugleich eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle, die einer Neuerrichtung gleich zu achten sei. Schließlich diene die Photovoltaikanlage dem weiteren Zweck der Tennishalle, Trägerobjekt einer solchen Anlage zu sein.

Insbesondere das letztgenannte Argument ist interessant, da noch der 8. Zivilsenat im Jahre 2013 betont hatte, die auf dem Dach montierte Photovoltaikanlage diene ausschließlich eigenen Zwecken, da sie Strom erzeugen solle und dazu auch auf jedem anderen Gebäude hätte angebracht werden können.

Entscheidend für die Annahme der Bauwerkseigenschaft durch den 7. Senat waren also offenbar die Faktoren der Konstruktion bzw. der Trennbarkeit der Anlage von dem Gebäude, der baulichen Bedeutung der Anlage für den Gebäudebestand, der Umfang der Veränderung bzw. der Erneuerung des Gebäudes durch die Montage der Anlage sowie der zumindest in diesem Fall anders zu beurteilende Zweck der Anlage. Das Urteil des 7. Zivilsenats dürfte trotz seiner Abweichung in der Beurteilung gleich zweier Rechtsfragen indessen nicht in Widerspruch stehen zum Urteil des 8. Zivilsenats aus dem Jahre 2013, da es bei der rechtlichen Beurteilung von Photovoltaikanlagen wohl auch in Zukunft auf eine einzelfallbezogene Betrachtung ankommen dürfte.

Autorin:
Rechtsanwältin Dr. Hanna Herberz
Tel.: +49.221.95190-64
Fax: +49.221.95190-74
h.herberz@cbh.de