Vorsicht bei der Formulierung von Minderungen

Der BGH hat in seinem Urteil vom 09.05.2018, Az. VIII ZR 26/17, klargestellt, dass eine spätere Rückabwicklung aufgrund neu auftretender Mängel ausgeschlossen ist, wenn vorher pauschal wegen der Fehleranfälligkeit eines Produkts – statt wegen konkreter Mängel – gemindert wurde.

Bei der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten kann sich der Käufer entweder konkret auf die einzelnen Mängel beziehen oder den Kaufgegenstand aufgrund der Mangelhäufung als grundsätzlich fehleranfällig bezeichnen. Bei letzterem ist Vorsicht geboten. Wenn ein Käufer wegen einer auf herstellungsdingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit des Fahrzeugs (sog. „Montagsmodell“) Minderung verlangt, kann er den Kaufvertrag bei späteren Mängeln nicht mehr rückabwickeln! Diese beruhen dann auf demselben Mangel – der grundsätzlichen Fehlerhaftigkeit des Produkts. Der gewährleistungsrechtliche Anspruch ist dann „verbraucht“.

Der Fall

Die Klägerin kaufte im Jahre 2014 ein Fahrzeug von der Beklagten. In der Folgezeit wurde das Fahrzeug siebenmal wegen verschiedener aufgetretener Mängel von der Beklagten repariert. Die Klägerin minderte den Kaufpreis in der dann eingereichten Klageschrift um 20 % wegen einer auf herstellerbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit des Fahrzeugs und forderte die Zahlung des Minderungsbetrages.

Aufgrund weiterer danach eingetretener Mängel stellte die Klägerin ihr Klagebegehren auf Schadenersatz statt der ganzen Leistung um und forderte die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Nach dem Wortlaut des Gesetzes können Schadenersatz und Minderung grundsätzlich nebeneinander verlangt werden – Rücktritt und Minderung hingegen nicht.

Die Entscheidung

Der BGH hat vorliegend entschieden, dass eine Rückabwicklung durch Forderung von Schadenersatz statt der Leistung nicht möglich sei, da die Klägerin mit der Minderungserklärung ihren Willen zum Ausdruck gebracht habe, die Kaufsache zu dem geminderten Preis mit dem Mangel – hier der grundsätzlichen Fehleranfälligkeit – behalten zu wollen. Eine nachträgliche Änderung dieses Willens sei nicht mehr möglich. Denn bei der Minderung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das weder einseitig zurückgenommen noch widerrufen werden könne. Die Klägerin habe ihr Wahlrecht zwischen Festhalten am und Lösen vom Kaufvertrag „verbraucht“. Sie scheiterte daher mit dem Begehren auf Rückabwicklung des Vertrages.

Fazit

Die Entscheidung des BGH ist nicht zu beanstanden. Bei anderer Auslegung würde der Wille des Gesetzgebers, sich für oder gegen das Festhalten am Vertrag entscheiden zu müssen, unter Berufung auf Schadenersatz statt der Leistung umgangen werden.

Die Entscheidung zeigt jedoch, dass bei der Formulierung einer Minderungserklärung Vorsicht geboten ist. Tituliert man den Kaufgegenstand vorschnell als grundsätzlich fehleranfällig und mindert aufgrund dieses Mangels, ist eine spätere Loslösung vom Kaufvertrag bei neu auftretenden Mängeln nicht mehr möglich.

Wenn zukünftige Mängel nicht absehbar und deren Beseitigungskosten wirtschaftlich nicht bezifferbar sind, ist eine Minderungserklärung mit Verweis auf die grundsätzliche Fehleranfälligkeit eines Produkts riskant. In solchen Fällen empfiehlt es sich, bei der Formulierung von Minderungserklärungen grundsätzlich nur unter Bezugnahme auf konkrete Mängel zu mindern. Im Falle einer Minderung wegen grundsätzlicher Fehleranfälligkeit sollte man sich darüber im Klaren sein, dass eine spätere Rückabwicklung bei neu auftretenden Mängeln nicht mehr möglich ist.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 87/2018 (Urteilstext noch nicht veröffentlicht)