Vertragsänderung durch Einträge im Abnahmeprotokoll?

Der BGH hat sich mit Urteil vom 27.09.2018 – VII ZR 45/17 – mit der Frage beschäftigt, ob und wann sich Einträge der Bauvertragsparteien im Abnahmeprotokoll zum Lauf der Gewährleistungsfrist als Vertragsänderung oder redaktionelles Versehen darstellen. Wie nicht anders zu erwarten, sind Erklärungen im Abnahmeprotokoll auszulegen; auf den Einzelfall kommt es an.

Im Jahre 2002 wurde zwischen den Vertragsparteien ein Vertrag über Straßenbauarbeiten geschlossen, dem die VOB/B 2000 zu Grunde lag. Nach den ebenfalls vertragsgegenständlichen Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) sollte die Gewährleistungsfrist fünf Jahre betragen. Im Juni 2003 kam es dann zur förmlichen Abnahme der erbrachten Leistungen. Im Abnahmeprotokoll wurde vermerkt, dass die Gewährleistung am 12.06.2003 beginne und am 12.06.2007, mithin nach Ablauf von vier Jahren, ende. Im August 2007 rügte der Auftraggeber Risse in den Pflasterfugen im Fahrbahnbereich, Mängel an den Dehnungsfugen und in Teilbereichen lose Pflastersteine. Im September 2008 leitete der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren ein, in dessen Anschluss es zu einer Kostenvorschussklage kam. Der Auftragnehmer erhob mit Blick auf die Regelung im Abnahmeprotokoll die Einrede der Verjährung.

Der BGH führt aus, dass die Erklärung im Abnahmeprotokoll über die von den Regelungen der BVB abweichende Verjährungsfrist auszulegen sei. Es sei durch Auslegung zu klären, ob es sich um eine einvernehmliche Verkürzung der Verjährungsfrist handele oder ob ein redaktionelles Versehen vorliege. Im vorliegenden Falle gelangte der BGH zu der Auffassung, dass es sich bei der vom Vertrag abweichenden Gewährleistungsfrist im Abnahmeprotokoll nicht um eine Vertragsänderung, sondern um ein Redaktionsversehen handele. Der Auftragnehmer könne sich auch nicht auf die Beweiskraft des Abnahmeprotokolls als Urkunde gem. § 416 ZPO stützen. Danach begründen Privaturkunden, sofern sie von den Parteien unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben wurden. Sie sind jedoch nicht als Nachweis dafür geeignet, ob die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen auch zutreffen und welchen Inhalt sie haben; dies unterliege dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Im vorliegenden Fall sprach nichts dafür, dass sich die Vertragsparteien über eine Abweichung von den BVB im Abnahmeprotokoll verständigen wollten. Insoweit wurde ein Redaktionsversehen angenommen.

Fazit

Häufig werden im Abnahmeprotokoll die Gewährleistungszeiträume mit Daten angegeben. Dies birgt die Gefahr, dass diese Festlegungen den vertraglichen Vereinbarungen nicht entsprechen. Eine derartige Regelung hat zwar den Vorteil, dass beiden Vertragsparteien klar vor Augen geführt wird, in welchem Zeitraum Gewährleistungsrechte mit Erfolg geltend gemacht werden können; es ist allerdings gleichsam bei der Angabe von Daten besondere Sorgfalt geboten. Allerdings ist festzuhalten, dass nicht jede Abänderung der Gewährleistungsfrist innerhalb eines Abnahmeprotokolls auch eine Vertragsänderung darstellt. Hierfür muss zumindest einmal positiv festgestellt werden, dass die Parteien mit ihren Angaben im Abnahmeprotokoll bewusst von den Regelungen im Vertrag abweichen wollten. Bei vorgefertigten Protokollen macht es Sinn, vor dem Eintrag der Daten auf die jeweilige vertragliche Regelung zu verweisen; in diesem Falle ist sichergestellt, dass eine versehentliche Falschbezeichnung des Zeitraums auch als redaktionelles Versehen gewertet wird.