Zur Verjährung von mietrechtlichen Unterlassungsansprüchen

Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.

Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert. Dies entschied der BGH mit Urteil vom 12.07.2018, Az. I ZR 152/17, und beendete damit einen schwelenden Meinungsstreit in Literatur und Instanzrechtsprechung.

Der Fall

Im Mai 2010 mietete der Beklagte von der damaligen Eigentümerin einer Immobilie das Erdgeschoss sowie das erste Obergeschoss an. Im Mietvertrag hieß es zum Mietzweck: „Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros“. Der Kläger erwarb die Immobilie von der damaligen Vermieterin. Seit Bezug der Immobilie im Frühjahr 2010 nutzte der Beklagte das gesamte erste Obergeschoss allerdings nicht als Kanzlei, sondern zu Wohnzwecken. Erfolglos forderte der Kläger den Beklagten im Jahr 2016 unter Fristsetzung auf, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen. Der Beklagte lehnte dies ab. Daraufhin klagte der Kläger auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung.

Entscheidung des BGH: keine Verjährung während vertragswidriger Nutzung

Zu Recht, so der BGH. Dem Kläger stand gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung des Mietobjekts zu Wohnzwecken zu. Der BGH verwarf dabei den Einwand der Verjährung durch den Beklagten, wenngleich dieser die Immobilie schon seit seinem Bezug im Jahr 2010 zu Wohnzwecken nutzte. Der Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjähre während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert. Nutze ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten Räumlichkeiten als Wohnung, liege der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch, so der BGH, verletzt der Mieter fortwährend die ihm während der gesamten Mietdauer obliegende mietvertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Die Schuldnerschutzgedanken der Verjährungsregelungen kommen hier nicht zum Tragen. Mit seinem Unterlassungsbegehren mache der Vermieter keinen Anspruch geltend, für dessen Entstehung es auf einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang ankommt. Vielmehr reagiere der Vermieter mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auf ein gegenwärtiges vertragswidriges Verhalten des Mieters, um eine vertragsgemäße Nutzung der Mieträume für die Zukunft sicherzustellen. Im Rechtsstreit berief sich der Beklagte ebenfalls darauf, dass ein Einschreiten des Klägers gegen die vertragswidrige Nutzung mehrere Jahre unterblieb. Er vertrat die Auffassung, der Unterlassungsanspruch sei aus diesem Grunde verwirkt. Dafür bedarf es aber nicht nur einer längeren unterbliebenen Geltendmachung des Anspruchs (Zeitmoment), sondern auch, dass besondere Umstände hinzutreten, aus denen der Vermieter schließen kann, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werde (Umstandsmoment). Der beklagte Mieter, den die Beweislast traf, konnte keine derartigen Umstände nachweisen.

Praxishinweis

Das Urteil des BGH fügt sich konsequent in die Rechtsprechung der anderen Senate zur Verjährung von Daueransprüchen ein. Die Miete als Dauerschuldverhältnis enthält wechselseitige Rechte und Pflichten, die während des gesamten Mietverhältnisses dauerhaft bestehen. Würde hier eine Verjährung eintreten, würde der Inhalt des jeweiligen Mietvertrages dauerhaft geändert. Das gilt sowohl für Mängelbeseitigungsansprüche des Mieters gegen seinen Vermieter, mit denen sich bereits der VIII. Zivilsenat mit seinem Urteil vom 17.02.2010, Az. VIII ZR 104/09, auseinandersetzen musste, wie auch für Unterlassungsansprüche gegenüber einem vertragswidrigen Verhalten. Doch Vorsicht: Auch wenn die Verjährung des Anspruchs ausscheidet, bleibt immer noch die Möglichkeit der Verwirkung des Anspruchs. Hierfür reicht der Zeitablauf alleine nicht, es müssen noch weitere Umstände hinzutreten. Bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Rechte des Vermieters infolge des vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter kann der Vermieter den Mietvertrag alternativ zur Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs auch fristlos kündigen. Hat der Vermieter einen Schaden erlitten, kommen darüber hinaus Schadenersatzansprüche in Betracht.