EuGH zur Anwendbarkeit der Reparaturklausel im Markenrecht

Der EuGH hatte über die Frage zu entscheiden, ob sich ein Dritter auf die designrechtliche Reparaturklausel auch gegenüber markenrechtlichen Ansprüchen berufen kann, um im Falle der Herstellung von Kfz-Ersatzteilen diesen durch Anbringung der Marke des Kfz-Herstellers das Erscheinungsbild des Originals zu verleihen (v. 06.10.2015, Az. C-500/14)

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens beim Tribunale die Torino ist Inhaberin der Marke „FORD“ für u.a. Radkappen. Die beklagte Zubehör- und Ersatzteilhändlerin benutzt ohne Genehmigung das Zeichen „FORD“ für Radkappen und argumentierte u.a. damit, dass die Anbringung des Zeichens nicht die Funktion habe, die Herkunft dieser Ersatzteile anzugeben, sondern den Hersteller der in ihrer Gesamtheit betrachteten Ware – des Kfz – kenntlich zu machen. Damit diene die Markennutzung der Nachbildung eines ästhetisch beschreibenden Merkmals des betreffenden originalen Bauelements, das für die Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds des Kfz in seiner Gesamtheit als komplexes Erzeugnis unerlässlich sei.

Art. 110 GGV enthält als Schrankenregelung zu den Ansprüchen des Gemeinschaftsgeschmacksmusterinhabers die sog. Reparaturklausel, wonach „für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses […] mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ besteht. Das italienische Geschmacksmusterrecht enthält eine dem Art. 110 GGV entsprechende Reparaturklausel für nationale Designs (Art. 241 Codice della proprietà industriale/CPI, basierend auf Art. 14 GeschmacksmusterRL).

Der Gerichtshof entschied gegen die Anwendbarkeit der Reparaturklausel auf markenrechtliche Ansprüche. Art. 96 GGV und Art. 16 GeschmacksmusterRL bestimmten klar, dass die Anwendung der Vorschriften über Marken unberührt blieben. Zudem könne aufgrund der umfassenden Harmonisierung der markenrechtlichen Vorschriften ein nationales Gericht die Rechte aus der Marke nicht über die sich aus den Art. 5 bis 7 MRRL ergebenden Grenzen hinaus beschränken.

Fazit

Ein Dritter ist nicht durch Art. 110 GGV und Art. 14 GeschmacksmusterRL berechtigt, ein der Marke des Kfz-Herstellers entsprechendes Zeichen auf dem Ersatz- oder Zubehörteil mit der Begründung anzubringen, dass diese Benutzung der Marke die einzige Möglichkeit darstelle, dem Kfz sein ursprüngliches Erscheinungsbild wieder zu verleihen. Der Erlaubnistatbestand der Reparaturklausel stellt nur eine Schranke des Designschutzes dar, führt jedoch nicht zu einer Schranke im Markenrecht. Die Beurteilung, ob die Marke des Herstellers auf dem ersatz- oder Zubehörteil benutzt werden darf, richtet sich ausschließlich nach Markenrecht.
EuGH, Beschluss v. 06.10.2015, Az.: C-500/14