BGH reicht Fragen zur Zulässigkeit einer Mietwagen-App von UBER an EuGH weiter

Der BGH hat im Zusammenhang mit der Vermittlung von Mietwagen über eine App des Unternehmens UBER dem EuGH per Beschluss vom 18.05.2017, Az. I ZR 3/16 Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, insbesondere ob die Leistungen von UBER als nicht der Dienstleistungsfreiheit unterliegende Verkehrsdienstleistungen einzustufen sind.

Sachverhalt

Der Kläger ist Taxiunternehmer in Berlin. Die Beklagte, die ihren Sitz in den Niederlanden unterhält, bot unter der Bezeichnung „UBER Black“ eine App für Smartphones an, über die Mietwagen mit Fahrer bestellt werden konnten. Der Fahrer, dessen freies Mietfahrzeug sich zum Zeitpunkt des Auftrags am nächsten zum Fahrgast befand, erhielt den Fahrauftrag unmittelbar vom Server der Beklagten. Parallel wurde von der Beklagten eine entsprechende Bestätigung per E-Mail an das jeweilige Mietwagenunternehmen übermittelt.

Der Kläger hat das Angebot der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Rückkehrgebot für Mietwagen (§ 49 Absatz 4 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)) unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandet. Er nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Der Erfolg der Revision hing nach Ansicht des BGH von der Auslegung des Unionsrechts ab. Der BGH hat das Verfahren vor diesem Hintergrund ausgesetzt und die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die Verwendung der beanstandeten Version der App verstoße gegen § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG. Nach dieser Bestimmung dürfen mit Mietwagen nur Fahraufträge ausgeführt werden, die zuvor am Betriebssitz des Unternehmens eingegangen sind. Dagegen könnten Fahrgäste den Fahrern von Taxen unmittelbar Fahraufträge erteilen. Die Bedingung, dass Fahraufträge für Mietwagen zunächst am Betriebssitz des Unternehmers eingehen müssten, sei nicht erfüllt, wenn der Fahrer unmittelbar den Fahrauftrag erhalte, auch wenn das Unternehmen, das den Mietwagen betreibt, zeitgleich unterrichtet werde. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob die eigene Tätigkeit der Beklagten dem Personenbeförderungsgesetz unterfalle. Für die Wettbewerbsverstöße der mit ihr kooperierenden Mietwagenunternehmer und der Fahrer hafte die Beklagte als Teilnehmerin.

Fraglich sei jedoch, ob unionsrechtliche Bestimmungen einem Verbot der angegriffenen App bzw. Services entgegenstehen. Bedenken gegen ein Verbot könnten sich nach den Feststellungen des BGH allein aus den Vorschriften der Union zur Dienstleistungsfreiheit ergeben. Diese Bestimmungen fänden aber keine Anwendung auf Verkehrsdienstleistungen. Zu der für die gesamte Union einheitlich zu beantwortenden Frage, ob die Vermittlungstätigkeit der Beklagten in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Verkehrsdienstleistung darstellt, bestehe noch keine Rechtsprechung des EuGH. Da sich diese Frage nicht ohne weiteres beantworten lasse, hat der BGH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der Dienst der Beklagten eine Verkehrsdienstleistung ist.

Sollte der EuGH eine Verkehrsdienstleistung verneinen, stelle sich im vorliegenden Verfahren die weitere Frage, ob es aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt unter den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen gerechtfertigt sein könne, eine App der im Streitfall beanstandeten Art zu untersagen, um die Wettbewerbs- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs zu erhalten.

Ergänzende Hinweise

Beim EuGH ist bereits ein Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Barcelona anhängig, das den Dienst „UberPop“ betrifft, bei dem Privatpersonen in ihren eigenen Fahrzeugen Fahrgäste ohne behördliche Genehmigung befördern. In diesem Verfahren hat der Generalanwalt die Schlussanträge am 11.05.2017 vorgelegt. Im Hinblick auf Unterschiede im Sachverhalt in beiden Verfahren sei es jedoch nach Sicht des BGH nicht absehbar gewesen, ob die Antworten auf die im Streitfall aufgeworfenen Fragen der Entscheidung des EuGH in dem Vorlageverfahren aus Barcelona zu entnehmen sein werden. Der BGH hat deshalb ein eigenes Vorabentscheidungsersuchen gestellt.

Die sog. Sharing-Economy-Unternehmen, wie z. B. Uber oder auch AirBnB, bzw. deren Geschäftsmodelle lassen in rechtlicher Hinsicht nicht selten erhebliche Friktionen entstehen. Diese sind in erster Linie damit begründet, dass diese Geschäftsmodelle durch Vernetzung und Plattformbetrieb Akteuren ein Vermarktungsumfeld eröffnen, welches diese nicht allein erschließen konnten, insbesondere Privatpersonen. Besonders deutlich wird dies bei AirBnB, einem Anbieter für die Vermittlung vermeintlich privater Unterkünfte. Dass solche Angebote insbesondere für die etablierten Akteure am Markt, z. B. Hotel- bzw. Taxibetreiber, höchst unerfreuliche und zum Teil kostenseitig nur schwer zu unterbietende Gegenspieler entstehen lassen, liegt dabei auf der Hand und ist auch regelmäßig Grund für zahlreiche Auseinandersetzungen. Dass die vorliegende Streitigkeit zugunsten von UBER ausgeht, erscheint eher unwahrscheinlich; dass dann jedoch eine Einstellung des Angebots erfolgt, ist allerdings ebenfalls unwahrscheinlich, vielmehr stünden Modifikationen zu erwarten, um ein jedenfalls inhaltsähnliches Angebot am Markt zu etablieren.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 78/2017 des BGH vom 18.05.2017