BGH – strenge Anforderungen an den Nachweis von „Ausreißern“ im Wettbewerbsrecht

Mit Urteil vom 21. September 2016 (Az. I ZR 234/15) stellt der BGH klar, dass an den Nachweis von sogenannten „Ausreißern“, die einen wettbewerbsrechtlich nicht zu ahndenden Bagatellverstoß begründen könnten, strenge Anforderungen zu stellen sind.

Die Beklagte stellt Energiesparlampen her, die unter anderem auch Quecksilber enthalten. Die Klägerin ließ drei Lampen aus zwei Serien der Beklagten überprüfen. Bei jeweils einem Prüfkörper pro Serie stellte das beauftragte Labor Quecksilberwerte fest, die den gesetzlich zulässigen Gehalt überstiegen. Zur Verteidigung führte die Beklagte unter anderem aus, es handele sich bei diesen Lampen um produktionsbedingte „Ausreißer“ und die Bagatellschwelle des wettbewerbswidrigen Verhaltens sei damit nicht überschritten.

Der BGH bestätigt in seinem Urteil im Wesentlichen die Entscheidungen der Instanzgerichte und bejaht den Unterlassungsanspruch der Klägerin. Durch die erhöhten Quecksilberwerte habe die Beklagte gegen die gesetzlichen Vorgaben der § 5 ElektroG a.F. und § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 ElektroStoffV verstoßen. Diese Bestimmungen sind nach Auffassung des BGH als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG a.F. / § 3a UWG einzustufen, da es sich um Regelungen handelt, die neben abfallwirtschaftlichen Zielen auch dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienen. Aus diesem Grund seien Verstöße gegen diese Vorschriften regelmäßig auch dazu geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.

Zwar könnten wettbewerbsrechtliche Ansprüche unter Umständen ausgeschlossen sein, wenn es sich lediglich um einen Bagatellverstoß handele – beispielsweise, wenn die getesteten Lampen lediglich produktionsbedingte Ausreißer seien. Insoweit stellt der BGH jedoch klar, dass an den Nachweis solcher Ausreißer strenge Anforderungen zu stellen seien. Da die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht substantiiert vorgetragen habe, sei sie diesen Anforderungen nicht gerecht geworden. Im Ergebnis sei daher ein Bagatellverstoß abzulehnen.

In diesem Zusammenhang bestätigt der BGH erneut, dass die neu eingeführte Spürbarkeitsschwelle nicht zu einer Änderung des Rechtsbruchtatbestandes geführt hat.