BGH zur Vertragsstrafe bei Verstößen gegen Unterlassungspflichten aufgrund nicht erfolgten Rückrufs von Waren

Der BGH befasst sich in seinem aktuellen Urteil abermals mit dem derzeit streitigen Problemfeld der Rückrufpflichten bei Unterlassungsansprüchen und beleuchtet hier erstmals näher die Thematik der verwirkten Vertragsstrafe bei entsprechenden Verstößen.

Der I. Zivilsenat stellt in Bestätigung seiner jüngeren Rescue- und Hot Soxx-Rechtsprechung zunächst noch einmal heraus, dass auch reine Unterlassungsansprüche entsprechende Handlungspflichten insbesondere zum Rückruf von Waren aus der Vertriebskette begründen können. Dies gilt auch für bereits ausgelieferte und mit wettbewerbswidriger Werbung versehene Produkte, wobei es nicht erforderlich ist, dass dem Schuldner seinerseits gegen seine jeweiligen Abnehmer durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weitergabe oder auf Rückruf der Waren zustehen. Er ist vielmehr auch unabhängig davon verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen auf diese Dritte einzuwirken, um eine Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes zu bewirken.

Der Gläubiger hatte hier aufgrund des Vorliegens eines entsprechenden Verstoßes durch das fortdauernden Angebot der streitgegenständlichen Waren über jeweils unterschiedliche Anbieter eines Franchisesystems geltend gemacht, dass die Vertragsstrafe entsprechend mehrfach verwirkt sei. Diesem Ansatz ist der BGH nicht gefolgt, sondern hat vielmehr auf das Vorliegen eines einheitlichen Entschlusses des Schuldners abgestellt, gegenüber seinen Abnehmern untätig zu bleiben.

Besonders interessant und aufschlussreich ist die vorliegende Entscheidung daher deshalb, weil der BGH auf der einen Seite im Ergebnis den Schaden, der durch derartige Vertragsstrafenansprüche entstehen kann, faktisch dadurch reduziert, dass er auf der anderen Seite den Begriff der Handlungseinheit relativ weit fasst und das Nicht-Einfordern von Handlungen oder Rückrufbegehren gegenüber mehreren Abnehmern nur einem einheitlichen Tatentschluss unterordnet, so dass im vorliegenden Fall die Vertragsstrafe nicht – wie ursprünglich vom Gläubiger beantragt – 22-mal, sondern nur ein einziges Mal zugesprochen wurde.

Quelle: BGH, Urteil v. 4.5.2017, I ZR 208/15 – Luftentfeuchter