LG Düsseldorf zur Passivlegitimation durch Aufstellen auf gemeinsamem Messestand

In der Entscheidung „Alarmgesichertes Zaunfeld“ vom 16.02.2017 (Az.: 4c O 17/16) beschäftigt sich das LG Düsseldorf mit der Frage, ob das Ausstellen eines Verletzungsgegenstandes auf einem gemeinsamen Messestand ein Anbieten im Sinne des § 9 PatG darstellt.

Dem Streitfall lag die Situation zugrunde, dass beide Klägerinnen sich auf einer Fachmesse für das hier maßgebliche Gebiet der Sicherheitstechnik einen gemeinsamen Messestand teilten. Die Klägerin zu 1) bietet ihren Kunden eine Vielzahl unterschiedlicher Sicherheitstechniken und -dienstleistungen an. Die Klägerin zu 2) gehört dem Konzern der Klägerin zu 1) an und stellt her und vermarktet Sicherheitszäune unterschiedlichster Bauarten. Die Beklagte entwickelt und bietet Sicherheitszäune an.

Auf einem gemeinsamen Messestand der beiden Klägerinnen wurde ein von der Klägerin zu 2) entwickelter Sicherheitszaun ausgestellt. Die Beklagte ist Inhaberin des Klagepatentes, welches ein alarmgesichertes Zaunfeld und eine Zaunanlage betrifft, und macht – nachdem die Klägerinnen zunächst negative Feststellungsklage wegen Nichtverletzung des Klagepatentes erhoben hatten – im Wege der Widerklage Ansprüche gegen beide Klägerinnen geltend.

Die Klägerinnen behaupten, Herstellerin und Ausstellerin des streitgegenständlichen Zauns sei allein die Klägerin zu 2) gewesen. Insoweit meinen sie, das Ausstellen des Zauns auf dem gemeinsamen Messestand sei der Klägerin zu 1) nicht zuzurechnen, insbesondere da die beiden Klägerinnen unterschiedliche Geschäftsfelder betreuten und der auf der Messe verteilte Flyer, welcher den streitgegenständlichen Gegenstand beworben hatte, allein die Klägerin zu 2) als Aufstellerin erkennen lasse.

Das LG Düsseldorf kommt zum Ergebnis, dass die Widerklage in der Sache weit überwiegend Erfolg hat, da die angegriffene Ausführungsform des Zauns das Klagepatent verletze. Weiter führt das LG Düsseldorf aus, dass die Klägerin zu 2) als unstreitige Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform passivlegitimiert sei. Aber auch die Klägerin zu 1) sei passivlegitimiert. Hierzu führt das LG aus, dass das Ausstellen der angegriffenen Ausführungsform auf dem gemeinsamen Messestand eine Benutzung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 PatG darstellt.

Der Begriff des Anbietens im Sinne des § 9 PatG umfasse jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstelle. Es sei daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel). Auch sei nach geltendem Recht Voraussetzung für ein Anbieten grundsätzlich nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektronische Geräte). Ebenso komme es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt.

Weiter führt das LG Düsseldorf aus, dass das Ausstellen von Waren auf einer inländischen Fachmesse ein Anbieten im Sinne dieser Vorschrift sei, soweit es sich nicht ausnahmsweise um die Teilnahme an einer reinen Leistungsschau handelt. Für ein Anbieten gemäß § 9 PatG sei maßgeblich, dass mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird.

Genau dies – so das LG Düsseldorf weiter – geschehe regelmäßig auf einer Fachmesse: Die Aussteller würden mit ihren Präsentationen den Zweck verfolgen, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie würden ihre Produkte in der Erwartung präsentieren, dass sie von den Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen auf einer Fachmesse sei dazu bestimmt und geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogen Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen, was für ein Anbieten gemäß § 9 PatG ausreiche.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt das LG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zu 1) – neben der Klägerin zu 2) – die angegriffene Ausführungsform durch ihre Präsentation auf dem gemeinsamen Messestand angeboten hat. Unstreitig habe es auf dem gemeinsamen Messestand der Klägerinnen keine räumliche oder sonst wie geartete Trennung zwischen den jeweiligen Produkten der Klägerinnen gegeben. Auch die unmittelbar hinter dem Produkt zu sehenden Firmenschlagwörter beider Klägerinnen sprechen nach Ansicht des LG Düsseldorf gegen eine solche Trennung zwischen den Produkten der Klägerinnen. Vor diesem Hintergrund haben beide Klägerinnen das Klagepatent widerrechtlich benutzt, so dass sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen und zum Ersatz des Schadens, welcher der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird, verpflichtet sind.

Quelle: Entscheidung des LG Düsseldorf vom 16.02.2017, Az.: 4c O 17/16