Textliche Wiedergabe der Internetadresse kein Link i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung

In seinem Hinweisbeschluss vom 03.08.2017 (Az. 4 U 50/17) stellt das OLG Hamm fest, dass eine textliche Wiedergabe der URL-Adresse nicht die Anforderungen an einen Link zur OS-Plattform i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Online-Streitbeilegung (EU) Nr. 524/2013 erfüllt.

Sachverhalt

Bei dem vorliegenden Beschluss des OLG Hamm handelt es sich um einen Hinweisbeschluss in einem Berufungsverfahren auf eine einstweilige Verfügung. Streitgegenständlich war vorliegend die ausschließlich textliche Wiedergabe einer URL-Adresse einer OS-Plattform.

Entscheidung

Der Senat konstatiert in seinem Beschluss einen Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3a UWG i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 524/2013 (nachfolgend: ODR-Verordnung). So sei nämlich die ausschließlich textliche Wiedergabe der Internetadresse der OS-Plattform ohne eine entsprechende „Anklick-Funktion“ kein Link i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung. Ein Link erfordere nach allgemeinem Verständnis eine solche Funktion. Dementsprechend setze Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung nicht nur eine „Mitteilung“ der Internetseite des Unternehmers voraus.

Weiter macht das OLG deutlich, dass die Verpflichtung zur Einfügung eines Links zur OS-Plattform ebenfalls für Angebote auf der Internetplattform „eBay“ bestehe. Diese Ansicht widerspreche nicht Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung, da unter der in dieser Vorschrift genannten „Webseite“ auch Angebote auf der Internetplattform „eBay“ zu fassen seien. In dieser Hinsicht bezieht sich das Gericht auf einen deutsch- sowie englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu dem Begriff „Website“. Zwar finde sich in der deutschsprachigen Version die Definition, dass eine Webseite alle einem Anbieter gehörenden Webseiten umfasse, die unter einer bestimmten Domain zusammengefasst seien. Jedoch mache der englischsprachige Beitrag – „A website, or simply site, is a collectiol of related web pages, including multimedia content, typically identified with a common domain name, and published on at least one web server“ – deutlich, dass die Zusammenfassung der Webseiten und sonstigen Inhalte unter einer gemeinsamen Domain nur ein typisches und kein notwendiges Merkmal einer Webseite sei, weshalb auch der Internetauftritt eines Unternehmers auf einer Internetplattform wie „eBay“ als Webseite i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung aufgefasst werden könne. Ferner führt das OLG aus, dass kein nachvollziehbarer Grund vorhanden sei, weshalb die in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 ODR-Verordnung aufgeführte Verpflichtung nicht für den Unternehmer gelten solle, der seine Waren oder Dienstleistungen ausschließlich auf einer Internetplattform wie „eBay“ anbiete.

Abschließend konstatiert das OLG Hamm, dass sowohl Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung als auch Erwägungsgrund (30) zur ODR-Verordnung nicht zu entnehmen sei, dass die Verpflichtung für Online-Marktplätze, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen, nicht für einzelne Angebote und Anbieter auf dem Online-Marktplatz gelte. Für die vorliegende Ansicht spreche zudem auch der Sinn und Zweck der ODR-Verordnung, der ein weites Verständnis des Begriffs „Webseite“ erfordere. In diesem Zusammenhang verweist das OLG Hamm auf eine Entscheidung des OLG Koblenz vom 25.01.2017 (Az. 9 W 426/16), welche bereits Gegenstand des CBH Newsletters vom 19.04.2017 gewesen ist und auf welche an dieser Stelle daher noch einmal verwiesen wird.

Die Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes i. S. d. § 3a UWG bejaht das OLG ebenfalls und begründet dies damit, dass Verstöße gegen unionsrechtliche Informationspflichten zum Schutz der Verbraucher nach ständiger Rechtsprechung des Senats immer als spürbar zu qualifizieren seien.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das OLG Hamm überdies in seinem Beschluss deutlich gemacht hat, dass die Verfügungsbeklagte nicht mit ihrem vorgebrachten „unclean-hands“-Einwand durchdringe. So sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht als rechtsmissbräuchlich i. S. d. § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG zu qualifizieren, da die Formulierung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ dem Wortlaut des § 339 Satz 2 BGB entspreche, welcher ebenfalls nicht von einer „schuldhaften“ Zuwiderhandlung, sondern lediglich von einer Zuwiderhandlung spreche. Demnach habe sich die Verfügungsklägerin mit der entsprechend vorformulierten Unterlassungserklärung keine Vertragsstrafe zusätzlich für nicht schuldhafte Zuwiderhandlungen versprechen lassen wollen.

Anmerkung

Wie schon in einem Urteil vom 17.01.2017 (Az. 14 U 1462/16) vertritt das OLG Dresden erneut in einem Beschluss vom 11.08.2017 (Az. 14 U 732/17) eine gegenteilige Ansicht im Hinblick auf die Verpflichtung eines Unternehmers gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung zur Bereitstellung eines Links zur OS-Plattform. So ist das OLG Dresden in seiner acht Tage nach dem voran erläuterten Hinweisbeschluss erlassenen Entscheidung der Auffassung, dass Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-Verordnung entsprechend seinem Wortlaut („ihren“ Webseite) ausdrücklich auf die zugehörige Webseite abstelle. Der Ort der Einbindung des Links sei daher die eigene Webseite, nicht jedoch das eigene Angebot auf einer fremden Webseite. Demnach habe der Betreiber des Online-Marktplatzes als auch der Betreiber des Online-Shops gleichermaßen auf der jeweils eigenen Webseite eine Link bereitzustellen. Wären Online-Shop-Betreiber auch im Falle eines Angebots auf einem Online-Marktplatz dazu verpflichtet, einen entsprechenden Link bereitzustellen, würde der Verkehr mit Informationen überflutet, was eine Unübersichtlichkeit zur Folge hätte und den geforderten Link entwerten würde.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2017, Az. 4 U 50/17