Urheberrechtsschutz von Biergebinden als Werke der angewandten Kunst

Das LG Hamburg hat in Anlehnung an die „Geburtstagszug“-Rechtsprechung des BGH entschieden, dass auch Biergebinde auf Bierdosen aufgrund eines „puristischen, reinen, unverfälschten Designs“ urheberrechtlich geschützt sein können (Urteil v. 07.07.2016, Az. 310 O 212/14).

Der Fall:

Die Klägerin ist eine Designagentur mit dem Schwerpunkt Produktdesign. In den Jahren 2005 und 2006 war die Klägerin durch eine der Beklagten mit der Entwicklung und Produktgestaltung eines Neudesigns ihrer Bierprodukte, vorliegend speziell des Gebindes, beauftragt worden – konkret eines Biergebinde-Designs für preisgünstige Biergetränke („5,0 Original“-Reihe), welches ab 2006 vermarktet und vertrieben wurde.

Im Jahr 2009 wurden die entsprechenden Nutzungsrechte aller Leistungsergebnisse betreffend „5,0 Original“ durch die Beklagte an eine externe Unternehmensgruppe veräußert – ohne dass am Erscheinungsbild der Produkte wesentliche Änderungen vorgenommen wurden – womit die Klägerin nicht einverstanden war. Sie machte geltend, dass eine Verletzung von Urheberrechten vorläge und außerdem für die Nutzungsübertragung ihre Zustimmung erforderlich gewesen sei.

Die Klägerin begehrte Unterlassung, Auskunft sowie Schadenersatz.

Die Entscheidung:

Das LG Hamburg hat die Klage als überwiegend begründet angesehen und einen Anspruch aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG angenommen.

Die Bierdosen-Gestaltungen seien als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschützt. Die Muster würden eine entsprechende Schöpfungshöhe aufweisen, wie sich dies aufgrund der Maßstäbe der „Geburtstagszug“-Entscheidung des BGH (Urteil v. 13.11.2013, Az. I ZR 143/12) ergebe, wonach der Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst die gleichen Anforderungen stelle, wie der Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Die hierfür erforderliche Gestaltungshöhe sei durch die Kombination der Gestaltungsmerkmale der Biergebinde erreicht. So weise das Muster durch seine zweifarbige Gestaltung eine „klare, reduzierte Anmutung“ auf, während auf eine ansonsten gängige „verschnörkelte Bedruckung“ verzichtet worden sei – wie z. B. Wappen, Kronen, Sterne etc., die bei anderen bekannten Biermarken vorkämen.

Anders als bei üblichen Bierflaschen, seien auch keine unterschiedlichen oder ungewöhnlichen Schrifttypen verwendet worden, sondern ein einfacher, klarer, schnörkelloser Schrifttyp. Zudem läge ein künstlerisch insofern besonderer Eindruck des Musters vor, als eine Einteilung in drei Blöcke (Markenbezeichnung, Produktbezeichnung und weitere Angaben) vorgenommen wurde, woraus sich insgesamt ein „puristisches, reines, unverfälschtes Design“ ergebe. Als weitere Indizien würden zudem Preisverleihungen bzw. Nominierungen für die Schöpfungshöhe des Musters sprechen. Einfachheit, Schlichtheit und Purismus seien im Bereich des Produktdesigns zwar ein bekannter Stil, allerdings sei vorliegend die konkrete Anwendung des Stils schutzbegründend. Die Verwendung eines solchen Stils bei anderen, älteren Produkten stünde dem Schutz daher auch nicht entgegen.

Zudem hat das LG Hamburg ausgeführt, dass die vertragliche Formulierung „Dass wir die Labels und Designs nur für gruppeneigene Produkte einsetzen, versteht sich dabei von selbst.“ so zu verstehen sei, dass jegliche Übertragungen von Nutzungsrechten durch die Beklagte auf ein nicht zu ihrer Unternehmensgruppe gehörendes Unternehmen der vorherigen Zustimmung der Klägerin bedurft hätte – welche im vorliegenden Fall nicht abgegeben worden war.

Quelle: LG Hamburg, Urteil vom 07.07.2016, 310 O 212/14