Abwerben von Mitarbeitern grundsätzlich erlaubt

Lauterkeitsrechtlich ist das Abwerben von Mitarbeitern aufgrund der Freiheit des Wettbewerbs grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das OLG Frankfurt zeigt auf, unter welchen Umständen die Grenzen des Lauterkeitsrechts überschritten werden.

Sachverhalt

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Sicherheitsprüfungsdienstleistungen. In der Zeit von Juli 2017 bis März 2018 kam es zu insgesamt 12 Kontaktaufnahmen zwischen Mitarbeitern der Antragsgegnerin und Mitarbeitern der Antragstellerin mit dem Ziel der Abwerbung. Infolgedessen wechselten 8 der ca. 200 Mitarbeiter der Antragstellerin in das Unternehmen der Antragsgegnerin.

Aufgrund dieser Geschehnisse beantragte die Antragstellerin im Wege des Eilrechtsschutzes, der Antragsgegnerin den Kontakt mit ihren Mitarbeitern zum Zwecke der Abwerbung durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu untersagen.

Das Landgericht hat diesen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Entscheidung OLG Frankfurt

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Antrags hat das OLG Frankfurt als unbegründet eingestuft. Das OLG hat festgestellt, dass der Antragstellerin kein Verfügungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 4 UWG wegen gezielter Mitbewerberbehinderung zusteht.

Da die Freiheit des Wettbewerbs sich auch auf die Nachfrage nach Arbeitnehmern erstreckt, ist vom Grundsatz der Abwerbungsfreiheit auszugehen. Unternehmer haben keinen Anspruch auf Wahrung des Bestands ihrer Mitarbeiter. Zudem sind die angestellten Mitarbeiter in der Wahl ihres Arbeitsplatzes frei. Das Abwerben von Mitarbeitern ist daher selbst dann grundsätzlich lauterkeitsrechtlich erlaubt, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt und wenn Schlüsselkräfte oder mehrere Mitarbeiter gleichzeitig abgeworben werden.

Eine unlautere gezielte Behinderung kann sich allenfalls aus zusätzlichen besonderen Umständen, wie beispielsweise der Verfolgung eines unlauteren Zwecks oder unlauteren Methoden der Abwerbung, ergeben.

Offen gelassen hat das OLG in diesem Zusammenhang, ob eine auf das Jahr 1966 zurückgehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch heute noch Anwendung findet, wonach eine gezielte Abwerbung unlauter ist, wenn sie den Zweck verfolgt, einen Mitbewerber existenzvernichtend zu beeinträchtigen. Aus Sicht des OLG spricht insofern viel dafür, das Abwerben auch dann noch als zulässig einzustufen, wenn ein Unternehmen den eigenen Vorteil um den Preis der Gefährdung der wirtschaftlichen des Mitbewerbers sucht. Letztlich stehe auch dies mit der dem Wettbewerb innewohnenden Auslesefunktion in Einklang. Vorliegend sei eine Existenzgefährdung der Antragstellerin jedoch ohnehin nicht erkennbar.

Als weiteren möglichen Unlauterkeitsgrund thematisiert das OLG den Umstand, dass ein Unternehmer ohne Rücksicht auf andere Möglichkeiten des Arbeitsmarktes gerade Beschäftigte eines bestimmten Mitbewerbers abwerbe. In derartigen Fällen könne sich eine Unlauterkeit insbesondere ergeben, wenn die Übernahme der Mitarbeiter ganzer Geschäftsbereiche oder Abteilungen putsch- oder handstreichartig erfolgt und neben Mitarbeitern auch Kunden, Kundendaten, Lieferanten und Produktionsmittel in einer Art und Weise übernommen werden, dass dem Mitbewerber keine ernsthafte Möglichkeit verbleibt, der Übernahme entgegenzusteuern. Derartige Umstände habe die Antragstellerin jedoch vorliegend ebenfalls nicht vorgetragen.

In der Gesamtschau handelte es sich daher nach Auffassung des OLG um einen zulässigen Wettbewerb um Arbeitskräfte.

Fazit

In Zeiten des Fachkräftemangels ist der Wettbewerb der Unternehmen um gute Mitarbeiter mitunter sogar härter als der Absatzwettbewerb. Das Abwerben von Mitarbeitern anderer Unternehmen wird daher zunehmend als Mittel gewählt, um geeignete Arbeitskräfte für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Werden die vorstehenden lauterkeitsrechtlichen Grenzen beachtet, kann diese Maßnahme auch durchaus wettbewerbskonform zum eigenen Vorteil eingesetzt werden.

Umgekehrt ist es Aufgabe der Unternehmen, sich vor einer Abwerbung ihrer Mitarbeiter zu schützen, insbesondere durch die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen sowie ggf. durch die Auferlegung vertraglicher Wettbewerbsverbote (§§ 74 ff., 90a HGB).

Quelle: Beschluss des OLG Frankfurt vom 15.05.2018 (Az. 6 W 39/18)