Bundesgerichtshof gestattet Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen

Mit Urteil vom 10.04.2018 (Az. VI ZR 296/16) hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen als zulässig gebilligt. Die Rechtsprechung des BGH bestätigt damit, dass möglicherweise im Zeitpunkt der Recherche begangene Straftaten, wie etwa Hausfriedensbruch, nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der dergestalt gewonnenen Informationen führen.

Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg hatten der Klage des auf die Vermarktung von Bio-Produkten spezialisierten Erzeugerzusammenschlusses von elf ökologisch arbeitenden Betrieben stattgegeben, welche die Ausstrahlung von Aufnahmen aus Hühnerställen einzelner Betriebe verhindern wollte, die Hühner mit unvollständigem Federkleid sowie tote Hühner zeigten. Der Beklagte hatte diese Aufnahmen nicht selbst angefertigt. Sie wurden ihm vom Hersteller der Bilder, der nachts in die Hühnerställe eingedrungen war, überlassen. Ausgestrahlt wurden die Bewegtbilder in der Reihe „ARD exklusiv“ unter dem Titel „Wie billig kann Bio sein?“ sowie im Rahmen der Sendung „FAKT“ unter dem Titel „Biologische Tierhaltung und ihre Schattenseiten“. Die Beiträge befassten sich u. a. mit den Auswirkungen, die die Aufnahme von Bio-Erzeugnissen in das Sortiment der Supermärkte und Discounter zur Folge hat und warfen die Frage auf, wie preisgünstig Bio-Erzeugnisse sein können.

Ausweislich der am 10.04.2018 erschienenen Presseerklärung des Bundesgerichtshofs kommt der VI. Zivilsenat – anders als die Vorinstanzen – zu der Auffassung, dass die Verbreitung der Filmaufnahmen weder das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin noch ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt. Zwar seien die Filmaufnahmen, die eine Massentierhaltung dokumentieren und tote oder nur mit unvollständigem Federkleid versehene Hühner zeigen, geeignet, das Ansehen und den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Auch berühre die Ausstrahlung der nicht genehmigten Filmaufnahmen das Interesse der Klägerin, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

Die Beeinträchtigungen seien aber nicht rechtswidrig, da im Rahmen der Interessenabwägung das von dem Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und sein Recht auf freie Meinungs- und Medienfreiheit das Interesse der Klägerin überwogen. Dies gelte, obwohl die veröffentlichten Filmaufnahmen rechtswidrig hergestellt worden waren. Ausdrücklich wird in der Presseerklärung hervorgehoben, dass für den Senat auch von Bedeutung war, dass die Beklagte selbst sich an dem von F. begangenen Hausfriedensbruch nicht beteiligt hatte und mit den beanstandeten Aufnahmen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin offenbart wurden.

Zusammenfassend heißt es in der Presserklärung des Bundesgerichtshofs, dass es der Aufgabe der Presse als „Wachhund der Öffentlichkeit“ entspreche, sich mit diesen Gesichtspunkten zu befassen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Funktion der Presse sei nicht auf die Aufdeckung von Straftaten oder Rechtsbrüchen beschränkt.

Quelle: Pressemitteilung BGH