Deutscher Whisky aus dem „Glen“

Verletzt die Bezeichnung eines deutschen Whiskys als „Glen Buchenbach“ die geschützte geographische Angabe „Scotch Whisky“? Diese Frage muss das Landgericht Hamburg beantworten. Der EuGH hat dazu im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens mit seinem Urteil vom 07.06.2018 (C-44/17) immerhin ein wenig Hilfestellung geleistet.

Sachverhalt:

Bei dem in Hamburg anhängigen Verfahren streitet die Scotch Whisky Association mit einer schwäbischen Whiskybrennerei, die ihren in Berglen hergestellten Whisky unter der Bezeichnung „Glen Buchenbach“, in Anlehnung an den durch Berglen fließenden Buchenbach, vertreibt. Die Scotch Whisky Association sieht in dieser Bezeichnung eine Verletzung der eingetragenen und nach Art. 16 der europäischen Verordnung 110/2008 geschützten geographischen Angabe „Scotch Whisky“ für das Ursprungsland Vereinigtes Königreich (Schottland). Der Begriff „Glen“ wecke bei dem angesprochenen Verkehrskreis eine Assoziation mit Schottland und schottischem Whisky. Das gelte ungeachtet der Tatsache, dass auf dem Etikett unter anderem zu lesen ist, dass es sich um ein deutsches Erzeugnis, „Hergestellt in den Berglen“, handelt.

Die europäische Verordnung Nr. 110/2018 schützt in ihrem Art. 16 eingetragene geographische Angaben gegen

a) jede direkte oder indirekte gewerbliche Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe für Spirituosen, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern diese Erzeugnisse mit den unter dieser Bezeichnung eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder durch diese Verwendung das Ansehen der geschützten Bezeichnung ausgenutzt wird;

b) jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder die geschützte Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Verfahren“, „Marke“, „Geschmack“ oder dergleichen verwendet wird;

c) alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben zur Herkunft, zum Ursprung, zur Beschaffenheit oder zu wesentlichen Merkmalen in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des Erzeugnisses, die geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken;

d) alle sonstigen Praktiken, die geeignet sind, den Verbraucher über den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses in die Irre zu führen.

Das Landgericht Hamburg hatte den EuGH mit insgesamt drei Fragen zur Auslegung von Art. 16 der VO 110/2018 angerufen. Mit seinem Urteil vom 07.06.2018 hat der EuGH die Fragen des Landgerichts beantwortet und die Kriterien von Art. 16 konkretisiert.

Die Entscheidung der EuGH

Der EuGH führte zu Art. 16 und dessen Kriterien wie folgt aus:

Der Begriff der „Verwendung“ in Art. 16 lit. a) erfordert, dass von der geschützten geographischen Angabe in der eingetragenen Form selbst Gebrauch gemacht wird. Der Anwendungsbereich von Art. 16 lit. a) ist deshalb nur eröffnet, wenn „das streitige Zeichen die eingetragene geographische Angabe in identischer oder zumindest in klanglich und/oder visuell hochgradig ähnlicher Form verwendet“. Die unzulässige Verwendung kann sowohl unmittelbar auf der betreffenden Ware bzw. Verpackung (direkte Verwendung) als auch in ergänzenden Werbe- oder Informationsmaterialien (indirekte Verwendung) erfolgen.

Im Rahmen von lit. a) genügt es nicht, dass eine Bezeichnung beim angesprochenen Verkehrskreis eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen Angabe weckt.

Im Rahmen von Art. 16 lit. b) muss das nationale Gericht prüfen, ob die verwendete Bezeichnung einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Durchschnittsverbraucher veranlasst, einen Zusammenhang zwischen der verwendeten Bezeichnung und der geschützten geographischen Angabe herzustellen. Eine irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten geographischen Angabe oder dem dazugehörigen geographischen Gebiet genügt jedoch auch hier nicht, sondern würde zu einer unangemessenen Ausweitung des Schutzbereichs – zulasten der Rechtssicherheit – führen. Das Umfeld bzw. der Kontext der verwendeten Bezeichnung kann nach Ansicht des EuGH eine bestehende Anspielung nicht wieder beseitigen. Das ergebe sich aus dem Wortlaut von Art. 16 lit. b), wonach eine Anspielung auch dann vorliegen könne, wenn der Ursprung des Erzeugnisses angegeben sei. Auch die Tatsache, dass die verwendete Bezeichnung dem tatsächlichen Ursprungsort entspreche (wie hier Berglen und Buchenbachtal), den Verbrauchern im Mitgliedstaat der Herstellung möglicherweise auch bekannt ist, sei irrelevant. Die geographische Angabe sei im gesamten Gebiet der EU geschützt und es müsse ein einheitlicher Schutz der Angabe bezogen auf alle Verbraucher im Unionsgebiet gewährleistet werden.

Eine falsche oder irreführende Angabe im Sinne von Art. 16 lit. c) liegt auch dann vor, wenn sie von richtigen Angaben begleitet wird. Das Umfeld der streitigen Bezeichnung muss also bei der Beurteilung, ob es sich um eine falsche oder irreführende Angabe handelt, außer Acht gelassen werden.

Anmerkung

In der Auslegung des EuGH etabliert Art. 16 der VO 110/2018 einen strengen Schutz für geographische Angaben bei Spirituosen.

Wiederholt betont der EuGH den hohen Grad an Verbraucherschutz, der mit der Verordnung 110/2008 erreicht werden soll, da der Verbraucher mit manchen geographischen Angaben im Spirituosensektor Qualitätsanforderungen verknüpfe. Es sollen aber auch – darauf weist der EuGH auch hin – die Wirtschaftsteilnehmer geschützt werden, deren Produkte die geographische Angabe zu Recht tragen, um die Anstrengungen zur Sicherstellung der und Investitionen in die Qualität der Produkte zu schützen.

Die Beurteilung, ob der angesprochene Verkehrskreis durch die Verwendung der Bezeichnung „Glen“ für Whisky an schottischen Whisky denkt und dadurch ein Verletzungstatbestand erfüllt ist (Art. 16 lit. a) dürfte mangels Verwendung der geschützten Angabe selbst jedenfalls ausscheiden) , obliegt dem nationalen Gericht und damit hier dem Landgericht Hamburg.

Slàinte mhath!