OLG Dresden zum „DSGVO-Löschungsanspruch“ gegen Google

Das OLG Dresden hat in einem aktuellen Beschluss entschieden, dass die Geltendmachung von Löschungsansprüchen gegen einen Suchmaschinenbetreiber in den Anwendungsbereich der DSGVO fällt und die Frage, ob die in der Ergebnisliste dokumentierte Datenverarbeitung erforderlich ist, anhand einer umfassenden Abwägung im Einzelfall zu bestimmen ist, wobei der wichtigen Rolle der Suchmaschinen für die Funktion des Internets eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 07.01.2019 – 4 W 1149/18).

Der Antragsteller, der eine gewerbliche Internetseite betreibt, auf der er unter anderem zu bestimmten Unternehmen und Kapitalanlagemöglichkeiten Kommentare abgibt, begehrte von Google, es zu unterlassen, bei der Suche nach seinem Vor- und Zunamen bestimmte URLs als Sucherergebnisse anzuzeigen. Unter den konkret benannten URLs tauchte sein Name im Zusammenhang mit verschiedenen, aus seiner Sicht ehrverletzenden Äußerungen auf.

Der Antragsteller machte neben einem Unterlassungsanspruch wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG auch einen Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO geltend. Das OLG verneinte beide Ansprüche.

Zunächst lehnte das Berufungsgericht einen quasinegatorischen Unterlassungsanspruch gegen die Suchmaschinenbetreiberin als unmittelbare Störerin ab, da sie die jeweiligen Kommentare weder geschrieben noch sich zu eigen gemacht habe.

Die Antragsgegnerin hafte insofern unter Beachtung der Grundsätze des BGH zur Haftung von Suchmaschinenbetreibern auch nicht als mittelbare Störerin. Nach diesen Grundsätzen sei ein Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich nur dann zur Handlung gezwungen, wenn offensichtliche und auf den ersten Blick erkennbare Rechtsverletzungen vorlägen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Insbesondere sei in den angegriffenen Kommentaren nicht ohne weiteres eine Schmähkritik zu sehen, da jeweils noch eine sachliche Auseinandersetzung mit der gewerblichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit des Antragstellers als Journalist stattfinde. Dies gelte selbst für Begriffe wie „Straftäter“, „Erpresser“, „Krimineller“ und sogar für die Bezeichnung „gewöhnlicher Verbrecher … gleichzusetzen mit Kinderschändern“. Im letzteren Fall würde der Antragsteller eben nicht als „Kinderschänder“ formal beleidigt, sondern sein Verhalten einem solchen pauschal gleichgesetzt.

Schließlich verneinte das Berufungsgericht auch den Löschungsanspruch des Antragstellers nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO. Zwar falle auch das „Entfernen“ von Links von Suchlisten unter den Begriff des „Löschens“ im Sinne dieser Norm. Allerdings sei Art. 17 Abs. 1 DSGVO ausweislich Abs. 3 lit. a DSGVO dann nicht anwendbar, wenn die streitgegenständliche Verarbeitung zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich sei. Der „Grundrechtsschutz von personenbezogenen Daten betroffener Personen im Sinne der DSGVO“ seien demnach in einen angemessenen Ausgleich mit den Grundrechten und Interessen des Verantwortlichen bzw. Dritten zu bringen. Konkret sei das Recht des Antragstellerstellers auf Schutz seiner Persönlichkeit gegen das Recht auf Meinungsfreiheit, insbesondere auf das Grundrecht auf Informationszugangsfreiheit abzuwägen. Hinsichtlich dieser Abwägung gelte im Grunde dasselbe, was das Gericht bereits zur Abwägung im Rahmen des quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs ausgeführt habe. Auch hier müsse dem Suchmaschinenbetreiber insbesondere wegen seiner besonderen Bedeutung für die Funktion des Internets eine offensichtliche und bereits auf den ersten Blick erkennbare Rechtsverletzung aufgezeigt werden.

Quelle: OLG Dresden, Beschl. v. 07.01.2019 – 4 W 1149/18