Betriebsrat kann nicht Kündigung des Geschäftsführers erzwingen

Der Betriebsrat kann nicht unter Berufung auf § 104 BetrVG gerichtlich erzwingen, dass der Arbeitgeber den Geschäftsführer aus dem Betrieb entfernt. Die betriebsverfassungsrechtliche Regelung zu betriebsstörenden Arbeitnehmer gilt nicht für Organmitglieder (LAG Hamm v. 02.08.2016 – 7 TaBV 11/16).

Der Fall

Der Betriebsrat war der Auffassung, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin aufgrund den Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich dadurch störe, dass er den Betriebsrat nicht nur mehrfach objektiv unzutreffend informiert habe, sondern in mindestens drei Fällen zu personellen Maßnahmen sogar eine bewusst wahrheitswidrige Information vorgenommen habe. Aufgrund dieses Verhaltens sei die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit so nachhaltig gestört, dass der Arbeitgeber den Geschäftsführer aus dem Betrieb zu entfernen habe.

Der Betriebsrat war der Ansicht, die Regelung des § 104 BetrVG über die Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer sei auch auf einen Geschäftsführer, zumindest entsprechend, anzuwenden. Dies folge aus einem Erst-Recht-Schluss: Wenn sich ein Organmitglied (hier: Geschäftsführer) betriebsstörend verhalte, wirke sich das sogar nachhaltiger aus, als wenn solche Störungen durch Arbeitnehmer ausgingen; wenn aber schon gegenüber Arbeitnehmern ein Anspruch des Betriebsrates in § 104 BetrVG vorgesehen sei, müsse dies erst Recht für noch erheblichere Störungen durch Vorgesetzte gelten.

Die Entscheidung

Das LAG Hamm hat das gewählte Verfahren zwar für zulässig erachtet, die Anträge aber als unbegründet abgewiesen.

Der Geschäftsführer sei kein Arbeitnehmer im Sinne des § 104 BetrVG. Maßgeblich ist nach der Auffassung des LAG Hamm nur der nationale Arbeitnehmerbegriff, wie er durch die nationale Rechtsprechung entwickelt worden ist, und danach sei zwischen Arbeitnehmern und Organmitgliedern zu unterscheiden. Dies gelte nach der aktuellen Rechtsprechung auch für den Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG.

Das LAG Hamm hat auch geprüft, ob im Lichte jüngerer Rechtsprechung des EuGH zu erwägen sei, den Arbeitnehmerbegriff erweiternd auszulegen. Diese Rechtsprechung beziehe sich aber regelmäßig nur auf die Ausdehnung von Schutzvorschriften für Arbeitnehmer, die teilweise auch Organmitgliedern zuteil werden sollten, nicht aber auf Vorschriften wie § 104 BetrVG.

Fazit

Die Erwägungen des LAG Hamm sind zutreffend. Die Betriebsverfassung bietet zwar dem Betriebsrat Instrumente, mit denen er den Arbeitgeber zu einzelnen Maßnahmen zwingen kann, auch und gerade dann, wenn nach Auffassung des Betriebsrates die Zusammenarbeit durch einzelne Mitarbeiter erheblich gestört wird.

Die Erweiterung eines solchen Anspruchs auf Organvertreter würde aber zu einem Ungleichgewicht führen, weil damit einem der beiden Protagonisten auf betrieblicher Ebene ein einseitiges Recht gewährt würde, seinen Gegenspieler ersetzen zu lassen. Hierfür sieht allerdings alleine § 23 BetrVG eine Regelung vor, und diese Vorschrift sieht gerade keinen „Austausch des Arbeitgebers“ vor.

Vorliegend hätte sich auch die Frage gestellt, wie prozessual ein solcher „Beseitigungsantrag“ hätte durchgesetzt werden sollen. Denn der Geschäftsführer vertrat ja auch als Organ den Arbeitgeber; ein Verfahren gegen die Gesellschafterversammlung wäre aber wohl auch nach Auffassung des LAG Hamm wohl bereits unzulässig gewesen. Andererseits eine Pflicht zur Selbstentlassung des Geschäftsführers anzunehmen, lag fern.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 02.08.2016, 7 TaBV 11/16, Volltext hier abrufbar