„Locus horribilis“ oder: Der unzumutbare Versammlungsort

Mit Beschluss vom 26. März 2016 - IX ZB 32/15 - hat der BGH Grundsätze zum Versammlungsort der Gesellschafterversammlung einer GmbH formuliert.

Hintergrund

Ist der Kreis der Gesellschafter einmal entzweit, wird oft alles unternommen, um dem lästigen Mit-Gesellschafter das Leben schwer zu machen. Der BGH hat sich mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung in die Wohnung des verfeindeten Gesellschafters zu befassen und die Gelegenheit genutzt, einige Prinzipen zum Versammlungsort der Gesellschaf-terversammlung einer GmbH klarzustellen.

Der Fall

Der recht „verwickelte“ Sachverhalt lässt sich auf die Frage reduzieren, ob eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung einer GmbH – hier über die Abberufung eines Geschäftsführers – deswegen nichtig sein kann, weil der Versammlungsort für einen der Gesellschafter unzumutbar war.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH führt zunächst aus, dass in Ermangelung GmbH-spezifischer Regelungen das Aktienrecht entsprechend anzuwenden ist. Aus einem Einberufungsmangel folge dann die Nichtigkeit des Beschlusses, wenn entweder die in § 241 Nr. 1 AktG genannten Umstände vorliegen oder aber der Einberufungsmangel einer Nichtladung gleichkommt, weil der Mangel dem Gesellschafter die Teilnahme in einer Weise erschwert, die der Verhinderung der Teilnahme gleichsteht. In allen anderen Fällen sei der Beschluss zunächst wirksam, könne aber u. U. angefochten werden.

Sodann verweist der Senat darauf, dass in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 5 AktG die Versammlung grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft, und zwar auch in den Räumen der Gesellschaft stattzufinden habe. Von dieser Sollvorschrift könne abgewichen werden, wenn in den Räumlichkeiten der Gesellschaft kein geeignetes Versammlungslokal vorhanden oder etwa die Verkehrsverbindung gestört ist. Zumindest bei einem überschaubaren Gesellschafterkreis dürfe aber auch ein Ort gewählt werden, von dem von vornherein feststeht, dass er die Teilnahme nicht erschwert, weil ihn die Gesellschafter leichter als den Sitz der Gesellschaft erreichen können.
Bei einer Einladung in die Wohnung des verfeindeten Gesellschafters hänge es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob ausnahmsweise wegen der Unzumutbarkeit Nichtigkeit anzunehmen ist oder nur Anfechtbarkeit vorliegt. Hier ging der Senat von der Anfechtbarkeit aus, mit der Folge, dass die Abberufung zunächst wirksam war und der verbleibende Geschäftsführer die Gesellschaft wirksam allein vertreten konnte.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung gibt einige Hinweise für die Praxis. Zwar sind Einladungen in die Wohnung eines Gesellschafters in der Praxis selten. Der Senat stellt in den Entscheidungsgründen aber auch fest, dass die Einladung in die Kanzlei des Rechtsanwalts eines verfeindeten Gesellschafters wie die Einladung in die Wohnung zu behandeln sei. Solche scheinbar „neutrale“ Versammlungsorte werden aber gerade bei schwierigen Gesellschaftsverhältnissen gerne gewählt. Hier gilt es aufmerksam zu sein, will man die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen oder gar deren Nichtigkeit vermeiden.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Entscheidung von dem für Insolvenzrecht zuständigen IX. Zivilsenat stammt, da ein Insolvenzverwalter involviert war, nicht von dem für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenat. Eine abweichende Qualifikation durch diesen erscheint aber wenig wahrscheinlich.