Kein Nutzungsersatzanspruch der Darlehensnehmer über den Widerrufszeitpunkt hinaus, wenn die beklagte Bank mit ihren Gegenforderungen aufrechnet

Das OLG Köln hat sich nunmehr zu der in Gerichtsprozessen regelmäßig thematisierten Frage, ob Darlehensnehmern im Widerrufsfall eine Nutzungsersatzforderung auf die von ihnen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen auch über den Widerrufszeitpunkt hinaus zusteht, positioniert (Urteil des OLG Köln vom 20.09.2017, Az. 13 U 52/16).

Der BGH hat zu den Folgen einer Rückabwicklung von widerrufenen Darlehensverträgen in Altfällen, in denen § 357a BGB noch keine Anwendung findet, entschieden, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB die Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet. Demgegenüber schuldet der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015, Az. XI ZR 116/15; BGH, Beschluss vom 12.01.2016., Az. XI ZR 366/15). Der BGH hat hierbei nicht ausdrücklich klargestellt, ob Darlehensnehmern Nutzungsersatzforderungen auch über den Widerrufszeitpunkt hinaus beanspruchen können.

Für das OLG Köln folgt die klärende Antwort in den Fällen, in denen sich die beklagte Bank im Prozess mit einer Hilfswiderklage verteidigt, im Rahmen derer sie die Aufrechnung der sich im Widerrufszeitpunkt wechselseitig gegenüberstehenden Forderungen erklärt, aus dem materiellen Recht.

So führt der Senat auf den S. 8 ff. des Urteils aus:

„Der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz besteht dabei grundsätzlich in Höhe des Vertragszinses. […]

Dieser Wertersatzanspruch der Bank gilt auch nach dem Widerruf fort; der Widerruf stellt insoweit keine Zäsur dar (OLG Karlsruhe,10.2.2016, 17 U 77/15, juris Rn. 43; OLG Schleswig, 20.10.2016, 5 U 62/16, BKR 2017, 22 Rn. 100). Dies gilt auch, wenn die Bank sich weigert, den Widerruf zu akzeptieren. Eine Rechtspflicht diesen Inhalts ist nicht erkennbar; ferner steht es dem Darlehensnehmer frei, die Ansprüche der Bank – gegebenenfalls nach einer durch Aufrechnung bewirkten Saldierung der beiderseitigen Ansprüche – zu erfüllen und so den Wertersatzanspruch zu beenden. […]

Die Höhe des seitens der Beklagten geschuldeten Nutzungsersatzes wird dagegen – von beiden Seiten widerleglich – mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vermutet, da es sich bei dem in Rede stehenden Darlehen um ein Immobiliardarlehen (§ 492 Abs. 1 a Satz 2 Halbsatz 1BGB a.F.) handelt (BGH, 12.7.2016, XI ZR 564/15, juris Rn. 58). […]

Die nach dem Widerruf erbrachten Zahlungen des Klägers hat die Beklagte nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herauszugeben (vgl. BGH, 4.7.2017, XI ZR 470/15, juris Rn. 13). […]

Grundsätzlich schuldet die Beklagte auch insoweit Nutzungsersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB, dessen Höhe ebenfalls mit (widerleglich vermuteten) 2,5 Prozentpunkten anzusetzen ist (OLG Schleswig, 20.10.2016, 5 U 62/16, BKR 2017, 22 Tz. 90 f.). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Beklagte ausdrücklich auch gegen diesen Anspruch die Aufrechnung mit der ihr aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis zustehenden Forderungen erklärt hat. Dies hat zur Folge, dass die Forderung mit Rückwirkung – bezogen auf den Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung – erloschen sind (§ 389 BGB) und damit Ansprüche auf Nutzungsersatz als nicht entstanden zu behandeln sind (vgl. OLG Frankfurt, 27.4.2016, 23 U 50/15, juris Rn. 61).“

Praxishinweis

Die Ansicht des 13. Senats des OLG Köln, wegen der rückwirkenden Aufrechnung mit den Gegenforderungen der Bank scheide ein Nutzungsersatzanspruch der Darlehensnehmer nach dem Widerrufszeitpunkt aus, ist nicht nur wegen ihrer materiell-rechtlich fundierten Begründung begrüßenswert.

Das Urteil verdeutlicht zudem einmal mehr, dass es für beklagte Banken ratsam – wie zumeist auch erforderlich – ist, sich in Widerrufsprozessen mittels der Aufrechnung zu verteidigen. Geschieht dies im Rahmen einer Hilfswiderklage, werden im Übrigen zugleich die zumeist noch der Bank aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis zustehenden Forderungen tituliert.