Luxusprodukte im Internet, ein Ding der Unmöglichkeit? Neues zum Vertriebskartellrecht!

Mit Spannung erwartet - und in ihrer Deutlichkeit überraschend: Am 26.07.2017 hat Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Nils Wahl seine Schlussanträge in der Rechtssache Coty Germany GmbH / Parfümerie Akzente vorgelegt (RS C-230/16, Schlussanträge vom 26.07.2017): Verbote, die Vertragswaren in selektiven Vertriebssystemen über nach außen als Plattformen eines Drittanbieters erkannbare Internetseiten (Amazon Marketplace, ebay oder andere) zu vertreiben, fallen danach gar nicht erst in den Anwendungsbereich des Kartellverbots. Auf die Möglichkeit einer Freistellung kommt es damit schon gar nicht mehr an. Jedenfalls in Deutschland wurde dies bisher weitüberwiegend anderes gesehen.

Mehr dazu finde ich wo?

Unser Partner Dr. Christoph Naendrup kommentiert die Schlussanträge bei Legal Tribune Online. Zum Beitrag gelangen Sie hier. Wir haben zudem bereits mehrfach über die Thematik berichtet (etwa hier und hier).

Und nun?

Folgt der EuGH den Schlussanträgen, so können Hersteller, die ihren Vertrieb als selektiven Vertrieb ausgestaltet haben, künftig mit deutlich höherer Rechtssicherheit ihren ausgewählten Wiederverkäufern den Weiterverkauf der Produkte über nach außen als Plattform eines Dritten erkennbare Internetseiten untersagen.

Nicht bedingungslos…

Allerdings gibt es auch nach Auffassung von Nils Wahl ein paar Bedingungen: (1) Das konkret in Rede stehende Produkt muss die Einrichtung eines selektiven Vertriebssystems „aus sich heraus“ rechtfertigen. Generalanwalt Wahl führt aus: Die „Natur des fraglichen Erzeugnisses einschließlich des Prestigeimages zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs“ muss die Einrichtung eines selektiven Vertriebs „erfordern“. Und (2): Das entsprechende Verbot muss „einheitlich festgelegt und unterschiedslos angewandt“ werden und darf nicht über das „erforderliche“ hinausgehen. Aufgrund dieser Kriterien bieten die berühmten Umstände des Einzelfalls dann doch wieder Raum für Fragen: Wann rechtfertigt es „die Natur des Erzeugnisses“, ein selektives Vertriebssystem einzurichten? Wer entscheidet das? Schadet es der „unterschiedslosen Anwendung“ der Klausel, wenn sie zwar für alle Vertriebspartner gilt, der Hersteller aber selbst über den „verbotenen“ Kanal vertreibt?

Es ist zu erwarten, dass sich die Gerichte zukünftig verstärkt mit diesen Fragen auseinandersetzen werden müssen.