Planfeststellungsbeschluss für Waldschlösschenbrücke teilweise rechtswidrig

Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen vom 25. Februar 2004 in der Gestalt verschiedener Änderungsbescheide für den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden für rechtswidrig erklärt (BVerwG, Urteil vom 15.07.2016. Az: 9 C 3/16).

Der Fall

Der Kläger ist ein in Sachsen anerkannter Naturschutzverein. Er hatte gegen den Planfeststellungsbeschluss im April 2004 Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden erhoben.

Dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss lag eine „Gefährdungsabschätzung/Vorprüfung“ in Bezug auf damals noch nicht an die EU-Kommission gemeldete FFH-Gebiete zugrunde. Erst nach Planfeststellungserlass wurden die Gebiete im Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen und das Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg unter Aussparung eines Teils der Elbwiesen in der Innenstadt von Dresden zum Europäischen Vogelschutzgebiet erklärt.

Das Verwaltungsgericht Dresden wies die Klage mit Urteil vom 30. Oktober 2008 (Az: 3 K 923/04) ab. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Berufung hiergegen mit Urteil vom 15. Dezember 2011(Az: 5 A 195/09) zurück.

Der Kläger rügt Verstöße des Planfeststellungsbeschlusses gegen das Naturschutzrecht, insbesondere das FFH- und das Vogelschutzrecht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur FFH-Richtlinie vorgelegt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2014, Az: 9 C 6/12). Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 14. Januar 2016 (Az: C-399/14) klargestellt, dass die Ausführung eines Projekts, das – wie im vorliegenden Fall – vor einer Gebietsausweisung genehmigt wurde, nach der Gebietslistung unter das sogenannte Verschlechterungsverbot des Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie falle. Ein solches Projekt dürfe nur dann fortgesetzt werden, wenn eine Verschlechterung der Lebensräume und eine Störung von Arten ausgeschlossen sei.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte, dass sich im vorliegenden Fall aus dem Verschlechterungsverbot eine Pflicht zur Durchführung einer nachträglichen FFH-Verträglichkeitsprüfung ergebe. Da das Vorhaben über eine Ausnahme nach Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie zugelassen werden soll, müsse diese den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie entsprechen. Eine solche Untersuchung fehle bislang. Außerdem fehle eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende artenschutzrechtliche Prüfung.

Das Gericht gab der Landesdirektion Dresden auf, ein ergänzendes Verfahren durchzuführen, um die festgestellten Mängel zu beheben. Die weitere Nutzung der Brücke bis zum Abschluss dieser Prüfung war nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Auswirkungen auf die Praxis

Das Urteil unterstreicht den hohen Wert des Artenschutzes im Rahmen der Planung und Durchführung von Großprojekten. Auch bei nachträglicher Gebietsausweisung ist eine artenschutzrechtliche Prüfung des Vorhabens erforderlich. Die vom BVerwG eingeräumte Möglichkeit der Heilung des Planfeststellungsbeschlusses durch Nachholung der Verträglichkeitsprüfung sorgt in dieser Konstellation für ein gewisses Maß an Rechtssicherheit.

Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Elbquerung „Waldschlösschenbrücke“ werden erst nach Abschluss dieser Prüfung absehbar sein.

Autor:
Rechtsanwalt Thorsten Guder
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