Krankenhausfinanzierung – OLG Stuttgart folgt neuer Kommissionpraxis zu rein lokalen Fördermaßnahmen ohne Beihilfenqualität

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit Urteil vom 23.03.2017 – Az.: 2 U 11/14 (noch nicht rechtskräftig) entschieden, dass der Ausgleich von Jahresfehlbeträgen einer Kreisklinik durch die Gesellschafterkommune keine Beihilfe darstellt, sondern lediglich einen rein lokalen Sachverhalt ohne jegliche Beihilfenqualität. Damit folgt das OLG Stuttgart der neuen Beihilfenpolitik der Europäischen Kommission, wonach rein lokale Fördermaßnahmen in engen rechtlichen Grenzen den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten nicht beeinträchtigen können und folglich keine Beihilfen im Sinne des Art. 10/ Abs. 1 AEUV darstellen. Dem Urteil liegt ein Rechtsstreit zwischen dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken und dem Landkreis Calw zu Grunde, in dem es um die Frage ging, ob die Zuwendungen eines Landkreises an öffentliche Krankenhäuser eine staatliche Beihilfe i. S. d. Art. 107 AEUV darstellen.

Der BGH hatte in seinem Urteil vom 24.03.2016 (Az.: I ZR 263/14) festgestellt, dass der Betrieb eines Krankenhauses grundsätzlich eine betrauungsfähige Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von Art. 106 II AEUV darstellen kann. Es stellte sich in dem Verfahren jedoch heraus, dass ein früherer Finanzierungsrechtsakt des Landkreises Calw gegenüber den kommunalen Kreiskliniken nicht alle Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Betrauung aufwies, die für eine Befreiung der Finanzierung vom EU-Beihilfenverbot erforderlich sind. Insofern kam es darauf an, ob die Zuwendungen des Landkreises die Tatbestandsvoraussetzungen einer verbotenen Beihilfe erfüllen. Fraglich war hier insbesondere, ob die Tätigkeiten eines kommunalen Kreiskrankenhauses geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen.

Das OLG Stuttgart stellt nun im Einklang mit der jüngeren Entscheidungspraxis der EU-Kommission fest, dass Standardgesundheitsleistungen von Kreiskliniken spezifische Merkmale aufweisen, die sich von anderen im grenzüberschreitenden Wettbewerb stehenden gesundheitlichen und medizinischen Dienstleistungen unterscheiden. Ein grenzüberschreitender Wettbewerb im Bereich dieser Standardgesundheitsleistungen sei unwahrscheinlich, da die Behandlung im heimischen Mitgliedsstaat für Patienten verwaltungstechnisch einfacher sei. Auch hinsichtlich des Angebotes der Kliniken könne von einer grenzüberschreitenden Nachfrage nicht ausgegangen werden, da es sich nicht um hochspezialisierte Krankenhäuser mit überregionaler Bekanntheit handele. Die Einzugsstatistik der Krankenhäuser belege darüber hinaus, dass die Krankenhäuser vornehmlich lokale Patienten anziehen. Auch aus dem Auftritt der Krankenhäuser im Internet lässt sich nicht schließen, dass sie sich auf die Behandlung von ausländischen Patienten ausrichten. Es werde z.B. nicht mit besonderen Fremdsprachenkenntnissen des Personals geworben, was angesichts der Anziehungskraft für ausländische Patienten ein entschiedenes Kriterium wäre.

Fazit

Das Urteil führt für die kommunalen Träger von Krankenhäusern zu einem erheblichen Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Voraussetzungen für eine beihilfenrechtskonforme Krankenhausfinanzierung wird für eine Vielzahl von Kommunen erheblich vereinfacht, denn einer höchst komplexen Betrauung bedarf es in vielen Fällen nicht mehr.

Gleichwohl bleibt es dabei, dass die Frage des grenzüberschreitenden Bezugs der Krankenhausleistungen in jedem Einzelfall geprüft werden müssen. Es muss eindeutig nachgewiesen werden können, dass ein grenzüberschreitender Wettbewerb sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite tatsächlich ausgeschlossen werden kann.

Das EU-Beihilfenrecht bleibt somit zumindest in diesem Umfang für alle Krankenhausträger von Bedeutung.