Bundesverwaltungsgericht bekräftigt seine Rechtsprechung zur Emissionskontingentierung

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 07.12.2017 (Az.: 4 CN 7/16) seine Rechtsprechung zur Gliederung von Gewerbegebieten nach Lärmeigenschaften bestätigt und ergänzt.

Der Hintergrund:

Gerade wenn Gewerbegebiete in der Nachbarschaft zu schutzwürdigen Nutzungen wie Misch- oder Wohngebieten liegen, ergibt sich in der Planungspraxis häufig das Bedürfnis, die Lärmemissionen aus dem Gewerbegebiet umgebungsverträglich zu steuern. Hierzu kann auf das Instrument der sog. Emissionskontingentierung zurückgegriffen werden, das grundsätzlich von der Rechtsprechung anerkannt ist. Hierbei wird jedem Quadratmeter Fläche innerhalb des Gewerbegebietes das „Recht“ zugeteilt, ein in Dezibel ausgedrücktes bestimmtes Kontingent an Lärm auszustoßen. Die Methodik für die Emissionskontingentierung ist in einer DIN-Vorschrift niedergelegt. Das Instrument wirft teilweise komplizierte rechtliche Fragen auf und hat gerade in den letzten Jahren zu diversen ober- und höchstrichterlichen Entscheidungen geführt.

Der Fall:

Der Verwaltungsgerichtshof München hatte über einen Bebauungsplan mit einer solchen Emissionskontingentierung zu entscheiden. Der Bebauungsplan begründete die Zulässigkeit eines siebengeschossigen Gewerbecenters, in dem geschossweise unterschiedliche Nutzungen wie Einzelhandel, Büros oder Gaststätten zulässig waren. Für das gesamte Gewerbegebiet wurde dasselbe Emissionskontingent von 58 dB (A) tagsüber und 43 dB (A) nachts festgesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof München hielt den Plan auf Grund von Fehlern der Emissionskontingentierung für unwirksam. Er war der Auffassung, dass in einem solchen Fall, in dem unterschiedliche Betriebe innerhalb eines Gewerbecenters zulässig waren, auch für die jeweiligen Betriebe bzw. Geschosse eigene Emissionskontingente zu vergeben seien. Die Vergabe von Emissionskontingenten habe also betriebsbezogen zu erfolgen.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

Das Bundesverwaltungsgericht gab der Vorinstanz nur im Ergebnis Recht. Die Emissionskontingentierung ist unwirksam, doch aus einem ganz anderen Grund, als dies der Verwaltungsgerichtshof angenommen hatte. Emissionskontingente können – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – gerade nicht geschossweise, sondern nur pro Quadratmeter Fläche eines Baugebietes verteilt werden. Dem Gewerbecenter als einheitliche bauliche Anlage kann ein einheitliches Kontingent übertragen werden. Insofern ist keine betriebsbezogene Festsetzung erforderlich.

Dennoch war die Emissionskontingentierung nicht in Ordnung, weil sie keine unterschiedlich hohen Kontingente verteilte. Vielmehr galt für die Gesamtfläche dasselbe Kontingent pro Quadratmeter. Eine Emissionskontingentierung kann lediglich eine räumliche Zuteilung von Emissionsrechten, nicht aber deren das ganze Baugebiet erfassende Beschränkung sein. Damit bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht seine entsprechende Entscheidung aus 2015 (Beschluss vom 09.03.2015 – Az.: 4 BN 26/14).

Das Bundesverwaltungsgericht urteilt weiter, dass auch ein gemeindeweiter Blick über das betroffene Gewerbegebiet hinaus hier nicht dazu verhilft, die Emissionskontingentierung zu halten. Zwar kann ein Gewerbegebiet vollständig beschränkt werden, wenn in einem anderen Gewerbegebiet derselben Gemeinde keine Emissionsbeschränkungen gelten. Doch hängt die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung von einem darauf gerichteten planerischen Willen der Gemeinde ab. Die Gemeinde muss also, wenn sie die Emissionen in einem Gewerbegebiet vollständig einschränkt, bewusst einen gemeindeweiten Blick einnehmen und positiv feststellen, dass sich in der Gemeinde mindestens ein Gewerbegebiet ohne Beschränkungen befindet. Insofern bestätigt das Bundesverwaltungsgericht entsprechende Entscheidungen des OVG Koblenz.

Einen solchen gemeindeweiten Blick hatte die Gemeinde im vorliegenden Fall nicht eingenommen. Daher waren die Emissionsbeschränkung für das komplette Gewerbegebiet und damit der gesamte Bebauungsplan unwirksam.

Das Fazit:

Die Entscheidung steht in einer Reihe von ober- und höchstrichterlichen Entscheidungen der letzten Jahre, die immer wieder den hohen rechtlichen Anspruch der Planung von Gewerbegebieten in der Nähe von schutzbedürftigen Nutzungen zeigt. Auch wenn die Methode der Emissionskontingentierung heute täglich Brot der Gutachterbüros für Lärmemissionen ist, ist ihre konkrete Anwendung stets auch juristisch anhand der aktuellen, sich ständig entwickelnden Rechtsprechung zu überprüfen.