Informations- und Wartepflicht auch im Unterschwellenbereich?

Durch ein obiter dictum im Rahmen eines Urteils vom 13.12.2017, Az. I-27 U 25/17, hat das OLG Düsseldorf Ende des Jahres wieder einmal die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und der Debatte um den Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich neuen Schwung verliehen.

Der Sachverhalt:

Dem Urteil zugrunde lag die Entscheidung einer Gemeinde, einem gemeinnützigen Verein eine in ihrem Eigentum stehende Teilfläche eines ehemaligen Freibadgeländes zu überlassen, damit der Verein die dort vorhandenen Freizeitanlagen ausbaue, betreibe und der Öffentlichkeit im Wesentlichen unentgeltlich zur Verfügung stelle. Gegen diesen Vertragsschluss wandte sich ein österreichisches Unternehmen mit der Behauptung, vor einem derartigen Vertragsschluss sei ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren durchzuführen, an dem es sich ebenfalls beteiligen wolle. Vor dem Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung, die das Landgericht in der ersten Instanz abgelehnt hatte, war der Vertrag jedoch bereits geschlossen.

Die Entscheidung:

Das OLG Düsseldorf in Gestalt des 27. Zivilsenats unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dicks hat den Vertrag als Dienstleistungskonzession eingeordnet, die auch unterhalb der Schwellenwerte in einem transparenten, diskriminierungsfreien Verfahren zu vergeben sei. Gleichwohl wurde in diesem Fall die Berufung zurückgewiesen, da es für eine einstweilige Verfügung am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Antragstellerin hatte ihr Interesse am Auftrag nicht hinreichend deutlich gemacht.

Dann jedoch folgt ein Absatz, der dem Urteil die Aufmerksamkeit der Leser garantiert. Denn das OLG stellt fest, dass – auch wenn es in diesem Fall darauf nicht ankomme – gewichtige Gründe dafür sprächen, auch im Unterschwellenbereich die Einhaltung einer Informations- und Wartepflicht durch den öffentlichen Auftraggeber zu verlangen. Ein wie vorliegend ohne vorherige Information und Stillhaltefrist geschlossener Vertrag müsste daher gemäß § 134 GWB wegen Verstoßes gegen ein ungeschriebenes Gesetz als nichtig eingestuft werden. Nur so werde ein effektiver Rechtsschutz sichergestellt. Als Begründung verweist das Gericht auf eine Entscheidung des EuG, die allerdings den Oberschwellenbereich betrifft und daher nicht ohne weiteres übertragbar sein dürfte, sowie auf die nationale Rechtsprechung zur Informations- und Wartepflicht bei Beamten- und Richterbeförderungen oder der Vergabe von Wochenmärkten.

Anmerkung:

Die Einführung einer Informations- und Wartepflicht würde den Primärrechtsschutz für Bieter bei Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte deutlich verbessern. Gleichwohl hat der Normgeber sich bei Einführung der UVgO im letzten Jahr bewusst dagegen entschieden.

Über diese Wertung setzt sich das OLG Düsseldorf nun hinweg, indem es eine Informations- und Wartepflicht aus allgemeinen Grundsätzen ableiten und – in sich konsequent, systematisch jedoch etwas fragwürdig – bei Verstoß die Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 GWB in Verbindung mit einem ungeschriebenen Gesetz annehmen will.

Rein auf Basis der derzeitigen Regelungssituation gibt es kaum eine Grundlage für diese Auffassung. Jedoch bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte sich in dieser Frage positionieren. Das Fehlen eines eigenständigen, evtl. in Teilen an das GWB-Vergaberecht angepassten Primärrechtsschutzsystems in der UVgO war vielerorts mit Enttäuschung aufgenommen worden.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2017, Az. I-27 U 25/17