OVG NRW muss über Klage zur Autobahn A43 neu entscheiden

Das Bundesverwaltungsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung des OVG NRW bezüglich der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Münster für den sechsstreifigen Ausbau der BAB A43 zwischen dem Rhein-Herne-Kanal und der Anschlussstelle Recklinghausen/Herten aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OVG NRW zurückverwiesen (BVerwG, Az. 9 C 1.17). Das OVG NRW muss daher nun erneut über die Angelegenheit entscheiden.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines selbstgenutzten Mehrfamilienhauses in Recklinghausen. An der ihrem Grundstück zugewandten Seite der Autobahn ist eine Lärmschutzwand geplant. Bei deren Bemessung hat der Planfeststellungsbeschluss eine Verkehrsprognose zu Grunde gelegt, die allerdings zuvor nicht öffentlich ausgelegt worden war. Die Verkehrsprognose war davon ausgegangen, dass die hier umstrittene A43 bis zum Jahr 2025 durch einen Lückenschluss der A52 zwischen dem Autobahnkreuz Essen-Ost und der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Buer-West, der im Bedarfsplan des Bundes als vordringlicher Bedarf vorgesehen war, teilweise entlastet wird.

Das OVG NRW hat die Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Münster abgewiesen. Es hat das beklagte Land NRW aber verpflichtet, über zusätzliche Lärmschutzauflagen zu Gunsten der Kläger neu zu entscheiden. Dabei hat das OVG den in der Verkehrsprognose angenommenen Entlastungseffekt beanstandet, weil für den Lückenschluss der A52 bislang kein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden sei. Sowohl der Beklagte als auch die Kläger haben gegen dieses Urteil Revision eingelegt.

Das BVerwG konnte über den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil der Sachverhalt noch weiter geklärt werden muss.

Das betrifft zum einen die Rechtmäßigkeit der Planung als solche. Dem Beklagten ist ein Verfahrensfehler unterlaufen, da er die Verkehrsprognose für das Vorhaben nicht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegt hat. Bei einer Straßenplanung gehört jedoch das Verkehrsgutachten grundsätzlich zu den entscheidungserheblichen Berichten, die nach den hier anwendbaren Regeln des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung der Öffentlichkeit vorab zugänglich gemacht werden müssen. Ob sich dieser Fehler unter den hier vorliegenden Umständen auf das Ergebnis ausgewirkt hat, bedarf allerdings noch weiterer Feststellungen.

Weiteren Klärungsbedarf gibt es auch, soweit das OVG den Beklagten verpflichtet hat, über zusätzliche Lärmschutzauflagen zu Gunsten der Kläger zu entscheiden. Die belastenden oder entlastenden Auswirkungen eines anderen Straßenbauvorhabens (hier der A52) sind bei der Verkehrsprognose für das geplante Projekt (hier Ausbau der A43) nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn für das andere Vorhaben bereits ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Vielmehr muss geprüft werden, ob die Verwirklichung des anderen Vorhabens innerhalb des Prognosezeitraums realistischerweise zu erwarten ist. Bei einem Projekt, das in den Bedarfsplan des Bundes als vordringlicher Bedarf aufgenommen worden ist, darf regelmäßig von einer zeitnahen Verwirklichung ausgegangen werden. Bestehen im Einzelfall aber ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte gegen eine zeitgerechte Realisierung des Projektes, darf dies nicht unberücksichtigt bleiben. Das OVG muss unter diesem Gesichtspunkt neu darüber entscheiden, ob der Beklagte von einem Weiterbau der A52 innerhalb des Prognosezeitraums ausgehen durfte.